Anforderungen an die ärztliche Bescheinigung einer Ausnahme von der Maskenpflicht

|| Medizinrecht

VGH Mannheim vom 08.07.2021 Az.: 1 S 2111/21

Dass sich rechtliche Anforderungen an die ärztliche Tätigkeit nicht ausschließlich aus dem Arzthaftungsrecht oder dem ärztlichen Berufsrecht ergeben, zeigt die aktuelle Entscheidung des VGH Mannheim vom 08.07.2021 (Az.: 1 S 2111/21).

Das Gericht hatte zu entscheiden, ob eine Schülerin, die die 12. Klasse eines Ulmer Gymnasiums besuchte, ihre Schule ohne Maske betreten darf. Sie machte geltend, dass ihr dies aus medizinischen Gründen nicht zumutbar sei. Gegenstand der Auseinandersetzungen waren zwei unterschiedlich formulierte Atteste der Hausärztin sowie ein Attest des Psychiaters der Schülerin, die vom Schulleiter nicht akzeptiert wurden. Dies mit der Argumentation, dass sie nicht den von der Rechtsabteilung der Bayerischen Landesärztekammer formulierten Anforderungen an ein Attest zur Glaubhaftmachung einer medizinisch bedingten Unzumutbarkeit des Masketragens genügten.

Gem. § 3 Abs.2 Nr.4 CoronaVO BW gilt die grundsätzlich in Baden-Württemberg für die meisten Bereiche des öffentlichen Lebens eingeführte Maskenpflicht nicht für Personen, die glaubhaft machen können, dass ihnen das Tragen einer medizinischen Maske aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist, wobei die Glaubhaftmachung gesundheitlicher Gründe in der Regel durch eine ärztliche Bescheinigung zu erfolgen hat.

In dem vorliegenden Fall war das Gericht der Auffassung, dass die ärztlichen Bescheinigungen nicht zur Glaubhaftmachung geeignet waren. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung seien im Wege der Auslegung zur ermitteln.

Aus dieser ergebe sich, dass die ärztliche Bescheinigung die zur Durchsetzung der CoronaVO betroffenen Stellen in die Lage versetzen muss, das Vorliegen der die Ausnahme herbeiführenden Gründe insbesondere in Zweifelsfällen eigenständig zu prüfen. Welche Angaben dazu in welchem Detailgrad notwendig sind, sei abhängig vom jeweiligen Einzelfall. Jedenfalls aber müsse die ärztliche Bescheinigung erkennen lassen, dass der Arzt sich über die allgemeinen Erwägungen zum Infektionsschutz hinaus mit der konkreten medizinischen Situation des Normadressaten befasst hat, dass sich die Bescheinigung auf den jeweils gegenwärtigen Gesundheitszustand desselben bezieht und dass ihr eine zutreffende Einschätzung der Situation zugrunde liegt, in welcher der Betroffene die Maske gegebenenfalls tragen muss.

Diesen Anforderungen genügten die ärztlichen Bescheinigungen der Anspruchstellerin im vorliegenden Verfahren nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht. Die Atteste seien zum einen nicht mehr aktuell, zum anderen zu pauschal und nicht auf die konkrete Situation, in der die Antragstellerin die Maske in der Schule gegebenenfalls tragen muss, bezogen.


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