|| Medizinrecht
Das Landgericht Waldshut-Tiengen hat eine auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gerichtete Klage wegen möglicher Gesundheitsschäden, die durch die Einnahme der Verhütungspille „Yasminelle“ verursacht worden sein sollen, abgewiesen, da die Klägerin nicht zweifelsfrei nachweisen konnte, dass die gesundheitlichen Probleme ursächlich mit der Pilleneinnahme in Verbindung stehen.
Die Klägerin nahm im Zeitraum vom 30.10.2008 bis zum 11.07.2009 die durch die Beklagte in den Verkehr gebrachte Verhütungspille „Yasminelle“ ein. Nach einer mehrwöchigen Thailandreise im Zeitraum 19.02.2009 bis 11.03.2009 traten bei der Klägerin Ende März Beschwerden im Sinne einer schnellen Erschöpfung und Atemnot auf. Im Juli 2009 erlitt die Klägerin eine beidseitige Lungenembolie sowie einen Kreislaufzusammenbruch mit Herzstillstand. Die Klägerin behauptet u.a., dass die Einnahme des Verhütungsmittels „Yasminelle“, insbesondere der darin enthaltene Wirkstoff Drospirenon, für die erlittene fulminante beidseitige Lungenembolie ursächlich gewesen sei. Für sie gelte die Kausalitätsvermutung nach § 84 Abs. 2 AMG. Eine Alternativursache für die fulminante Lungenembolie gebe es nicht. Denn die Klägerin habe zu diesem Zeitpunkt weder andere Medikamente ständig eingenommen, sei keine Raucherin und nicht übergewichtig gewesen noch habe sie an einer Blutgerinnungsstörung gelitten. Die Venenanomalie, namentlich die gedoppelte Vena cava inferior, stelle keinen die Lungenembolie in irgendeiner Form begünstigenden Faktor dar. Ebenso wenig habe der Langstreckenflug das Risiko erhöht. Die Klägerin könne sich für den Nachweis der Kausalität zwischen Einnahme des Arzneimittels und erlittenen Verletzungen jedenfalls auf den Anscheinsbeweis berufen.
Das Landgericht Waldshut-Tiengen hat die Klage vollumfänglich abgewiesen. Nach Auffassung des Landgerichts setze jede der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen (§ 84 AMG, § 823 BGB) voraus, dass die Gesundheitsschäden zumindest auch durch die Einnahme der Verhütungspille „Yasminelle“ verursacht worden sind. Der Beweis der Ursächlichkeit sei der Klägerin nicht gelungen, weil mit der Langstreckenflugreise, die die Klägerin in zeitlicher Nähe zu den ersten Beschwerden unternommen hatte, eine alternative Ursache bestehe, die gleichfalls mit dem Risiko von Gesundheitsschäden behaftet sei, wie durch die Einnahme der „Yasminelle“.
Das Landgericht führte aus, dass die Kausalitätsvermutung nach § 84 Abs. 2 AMG ausgeschlossen sei, wenn es eine konkret mögliche alternative Schadensursache gebe, die für sich allein oder im Zusammenwirken mit anderen, dem in Anspruch genommenen pharmazeutischen Unternehmer ebenfalls nicht zuzurechnenden Ursachen, den Schaden herbeigeführt haben kann. Eine Abwägung der Wahrscheinlichkeiten, mit denen entweder das Arzneimittel oder ein anderer Umstand die Rechtsgutverletzung verursacht hat, finde im Rahmen des § 84 Abs. 2 AMG nicht statt. Ferner liege kein Fall eines Anscheinsbeweises vor, da andere, konkret mögliche verletzungsgeeignete Umstände vorliegen, namentlich die Flugreise bzw. die Venenanomalie in Verbindung mit der Flugreise, vorlägen, welche den für den Anscheinsbeweis notwendigen typischen Geschehensablauf entkräften.
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