Alleinerbschaft des Ehegatten bei Bestimmung von Schlusserben

|| Erbrecht

OLG Brandenburg, Beschl. v. 30.3.2021 – 3 W 38/21

Sachverhalt
Die Eheleute haben mit Testament vom 11.2.2018 dahingehend verfügt, dass ihre beiden Enkelkinder nach ihrem Tod ihr Haus und Grundstück „erhalten“ sollen; hingegen ihre Tochter, und unter bestimmten Voraussetzungen auch deren Bruder T. R. lediglich ein Wohnrecht auf Lebenszeit eingeräumt werden sollte. Der Ehemann verstarb zuerst.

Entscheidung
Dieser letztwilligen Verfügung lasse sich noch mit hinreichender Klarheit entnehmen, dass die Eheleute sich zunächst gegenseitig zu Alleinerben des gemeinsamen Nachlasses eingesetzt haben. Es treffe zwar grundsätzlich zu, dass im Falle der Erbeinsetzung gemeinsamer Abkömmlinge als Schlusserben und fehlender ausdrücklicher Erbeinsetzung des überlebenden Ehegatten die Verwendung der Begriffe „nach unserem Tod“ und „wir“ keine hinreichende Andeutung für einen Willen zur Erbeinsetzung des Überlebenden abgibt, weil ein derartiger Wille in auf diese Weise formulierten Testamenten nicht einmal „anklingt“. Anders liege es jedoch in dem Fall, dass die testierte Schlusserbeneinsetzung ohne die für den ersten Erbfall erfolgte Erbeinsetzung des überlebenden Ehegatten rechtlich ausschiede. Denn in diesem Fall deutet sich die von den Ehegatten gewollte gegenseitige Erbeinsetzung in der Einsetzung der Schlusserben an.

So liege der Fall auch hier. Die Einsetzung der gemeinsamen Enkelkinder als Schlusserben des im jeweils hälftigen Eigentum stehenden unbeweglichen Nachlasses der Eheleute würde rechtlich nicht eintreten können, wenn diese sich nicht auch gegenseitig als Alleinerben ihres gemeinsamen Nachlasses eingesetzt hätten. In diesem Fall erbte nämlich nach dem ersten Erbfall die Witwe nach gesetzlichem Erbrecht 50 % des Nachlasses des erstverstorbenen Ehegatten, so dass die als Schlusserben bedachten Enkelkinder nicht mehr je zur Hälfte erben könnten. Damit erschließe sich aus dem Inhalt der vorliegenden testamentarischen Verfügung mit ausreichender Klarheit, dass die nachverstorbene Witwe den Erblasser nach dem Willen der Ehegatten allein beerben sollte. Dass die Enkelkinder der Eheleute als Schlusserben des gemeinsamen Nachlasses eingesetzt werden sollten, ergebe sich ebenfalls aus dem Inhalt des vorliegenden Testaments, auch wenn insoweit der Begriff „erhalten“ und nur im Hinblick auf das den Ehegatten gehörende Hausgrundstück verwendet worden ist. Das Hausgrundstück stellt nach den Feststellungen des Gerichts den wesentlichen Nachlassbestandteil dar, so dass davon ausgegangen könne, dass die Testierenden ihren Gesamtnachlass entsprechend ihrem verschrifteten Willen aufteilen wollten. Die Verwendung des Begriffs „erhalten“ sei vorliegend eindeutig in dem Sinne zu verstehen, dass die Enkelkinder im Rechtssinne Erben werden sollten. Ein weitergehendes stärkeres Recht an dem Grundbesitz haben die Eheleute in dem Testament nämlich nicht festgeschrieben. Das der Tochter und deren Bruder T. eingeräumte Wohnrecht Stelle sich rechtlich als nur zeitlich befristetes Nutzungsrecht dar, das gegenüber dem Eigentumsrecht zurücktritt. Insoweit komme ihnen eine Erbenstellung nicht zu.

Fazit
Die Entscheidung ist beispielhaft für eine Testamentsauslegung nach den grundlegenden erbrechtlichen Auslegungsregeln. Die Möglichkeiten zur Auslegung eines Testaments sind sehr weitgehend, um dem wirklichen Willen des Erblassers Geltung zu verschaffen. Wenn die Auslegung nicht am Wortlaut kleben muss, bedarf es doch einer dem Auslegungsergebnis entsprechenden Andeutung des Erblasserwillens im Testament selbst.


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