Anforderungen an eine schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen zur Wahrung einer arbeitsvertraglichen Verfallfrist

|| Arbeitsrecht

LAG Hamm, Urteil vom 1.6.2018 – 16 Sa 1442/17

Einleitung

Finanzielle Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis unterliegen in der Regel einer Verjährung von drei Jahren. Ausschlussfristen, wie sie üblicherweise in Tarifverträgen geregelt sind, aber auch im Arbeitsvertrag häufig vereinbart werden, verkürzen die Zeit, innerhalb derer ein Anspruch geltend zu machen ist, um seinen Verfall zu verhindern, ganz erheblich oftmals auf die von der Rechtsprechung geforderte Mindestfrist von drei Monaten. Die Frage, welche Anforderungen an die Geltendmachung eines Anspruchs zur Wahrung der Ausschlussfrist zu stellen sind, ist deshalb von großer praktischer Bedeutung.

Sachverhalt

Die Parteien streiten über Entgeltfortzahlungsansprüche des Arbeitnehmers für den Monat September 2016. Der dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegende Arbeitsvertrag enthielt eine Ausschlussklausel, wonach alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Vergütungsansprüche waren jeweils zum 15. des Folgemonats fällig. Im Rahmen eines gerichtlichen Vorverfahrens stritten sich die Parteien bereits über Entgeltfortzahlungsansprüche für den Monat August 2016. Mit Schreiben vom 13.12.2016, also innerhalb der Verfallfrist, forderte der der Arbeitnehmer den Arbeitgeber auf, „das Arbeitsverhältnis auch für den Monat September 2016 abzurechnen, auch insbesondere hinsichtlich der offenen Urlaubsabgeltung“. Ende Dezember 2016 teilte der Arbeitgeber mit, die Vergütung für September 2016 sei bereits anlässlich des zwischenzeitlichen Ausscheidens des Arbeitnehmers abgerechnet worden. Die irrtümlich nicht abgerechnete Urlaubsabgeltung habe man nun ergänzend abgerechnet und den sich ergebenden Nettobetrag ausgezahlt. Mit Schreiben vom 02.03.2017, nach Ablauf der Verfallfrist, wandte sich der Arbeitnehmer erneut an den Arbeitgeber und machte einen Entgeltfortzahlungsanspruch für den Monat September im Umfang von 112 Stunden geltend. Als der Arbeitgeber nicht reagierte, reichte der Arbeitnehmer Ende März 2017 eine entsprechende Zahlungsklage ein.

Entscheidung

Das LAG Hamm bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung, mit der die Klage abgewiesen wurde.
Der Entgeltfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers sei verfallen, da innerhalb der vertraglichen Ausschlussfrist keine ordnungsgemäße Geltendmachung erfolgt ist. Das Schreiben vom 13.12.2016 enthalte keine fristwahrende Geltendmachung des Anspruches auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Die Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Geltendmachung zu stellen seien, ergäben sich aus dem Zweck von Verfallfristen. Die Geltendmachung solle den Schuldner möglichst zeitnah zur Prüfung veranlassen, ob er der Forderung entsprechen wolle. Gehe es um einen Zahlungsanspruch, müsse der Anspruch grundsätzlich nach Grund und Höhe deutlich bezeichnet werden. Zudem müsse der Gläubiger Erfüllung verlangen. Ansonsten werde der Schuldner nicht in die Lage versetzt, zu prüfen, ob er einer Forderung nachkommen will. Ein Schreiben, das den behaupteten Anspruch – wie hier – weder dem Grunde noch der Höhe nach bezeichnet, genüge diesen Anforderungen nicht. Für den Schuldner müsse erkennbar werden, auf welchen Anspruch in welcher Höhe er sich einzustellen habe.

Fazit

Die Entscheidung ist im Ausgangspunkt nachvollziehbar. Eine Ausschlussfrist hat den Sinn, möglichst frühzeitig Rechtsklarheit zu schaffen und Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, die durch übermäßige Zeitabläufe eintreten können. Rechtsklarheit kann aber nur geschaffen werden, wenn für den Schuldner – hier der Arbeitgeber – fristgemäß erkennbar wird, welche Ansprüche überhaupt geltend gemacht werden.
An die Bestimmtheit des Geltendmachungsschreibens dürfen aber keine übersteigerten Anforderungen gestellt werden, insbesondere wenn es um die Bezifferung der Höhe eines etwaigen Anspruches geht.


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