Ausschluss betrieblicher Hinterbliebenenversorgung bei großem Altersunterschied ist keine Diskriminierung

|| Arbeitsrecht

BAG, Urteil vom 20.02.2018, Az.: 3 AZR 43/17

Einleitung

Mit Urteil vom 14.11.2017 hat das BAG seine bisherige Rechtsprechung (BAG-Urteil vom 04.08.2015, 3 AZR 137/13) zur Zulässigkeit von Späteheklauseln in der betrieblichen Altersversorgung aufgegeben und sich diesbezüglich der Ansicht des EuGH angeschlossen.

In diesem Urteil wurde es als zulässig angesehen, die Pensionszusage für eine Witwenrente davon abhängig zu machen, dass der Verstorbene bei Eheschließung noch keine 65 Jahre alt gewesen war. Die Wirksamkeit dieser Späteheklausel war mit der Begründung in Zweifel gezogen worden, dass sie gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoße.

Die fragliche Regelung, so das BAG, beinhalte zwar eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters, sei jedoch nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt, da sie objektiv, angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sei.

Neu an dieser Entscheidung war, dass auch Hinterbliebenenleistungen von § 10 S. 3 Nr. 4 AGG (zulässige Festsetzung von Altersgrenzen bei betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit) erfasst werden, obwohl diese Regelung sich ihrem Wortlaut nach nur auf die Alters- und Invalidenversorgung bezieht. Dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn die Höhe der Hinterbliebenenrente sich an der Höhe der Alters- oder der Invalidenrente orientiere und damit deren „Annex” sei.

In seiner jüngsten Entscheidung zu der Frage, ob Einschränkungen bei der Zusage einer Hinterbliebenenversorgung mit dem AGG vereinbart sind, ging es um die Frage, ob nach dem Altersunterschied zwischen den Ehegatten differenziert werden darf.

Sachverhalt

Die anspruchstellende Witwe ist 1968 geboren. Sie hat ihren 1950 geborenen und 2011 verstorbenen Ehemann 1995 geheiratet. Dem verstorbenen Ehemann der Anspruchstellerin war von seinem Arbeitgeber unter anderem eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt worden. Nach der Versorgungsordnung setzt der Anspruch auf Leistungen an die Ehegatten voraus, dass sie nicht mehr als 15 Jahre jünger als der Versorgungsberechtigte sind. Weil sie 18 Jahre jünger als ihr verstorbener Ehegatte war, wurde der Witwe die Versorgung verweigert.

Entscheidung

Nach Ansicht des BAG ist die durch diese Altersabstandsklausel bewirkte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters gerechtfertigt. Der Arbeitgeber, der eine Hinterbliebenenversorgung zusagt, habe ein legitimes Interesse daran, das hiermit verbundene finanzielle Risiko zu begrenzen.

Auch sei die Altersabstandsklausel erforderlich und angemessen. Die Klausel führe nicht zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer, die von der Klausel betroffen sind. Denn bei einem Altersabstand von mehr als 15 Jahren sei der gemeinsame Lebenszuschnitt der Ehepartner darauf angelegt, dass der Hinterbliebene einen Teil seines Lebens ohne den Versorgungsberechtigten verbringe. Zudem würden wegen des Altersabstands von mehr als 15 Jahren nur solche Ehegatten von dem Ausschluss erfasst, deren Altersabstand zum Ehepartner den üblichen Abstand erheblich übersteige.

Fazit

Damit können die in der Praxis sehr verbreiteten Späteheklauseln grundsätzlich als zulässig betrachtet werden, sofern die übrigen Voraussetzungen des § 10 AGG an eine sachliche Rechtfertigung für die altersbezogene Ungleichhandlung erfüllt sind. Insbesondere muss auch die verwendete Altersgrenze angemessen im Sinn des § 10 S. 2 AGG sein, was nach dem BAG i.d.R. der Fall ist, wenn die Altersgrenze „an betriebsrentenrechtliche Strukturprinzipien” anknüpft, insbesondere wenn sie der festen Altersgrenze der Versorgungsregelung entspricht.


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