Ausschluss der Ausgleichungspflicht für Pflegeleistungen des Alleinerben

|| Erbrecht

BGH, Hinweisbeschluss vom 24.3.2021 – IV ZR 269/20

Wird die Einsetzung eines Abkömmlings als Alleinerbe im Testament damit begründet, dass dieser allein und umfassend den Erblasser pflegte, stellt dies einen nach § 2057 a BGB zulässigen Ausschluss der Ausgleichungspflicht dar.
Sachverhalt
Die Erblasserin hinterließ drei Kinder und setzte eines davon zum Alleinerben ein. Sie begründete die Erbeinsetzung damit, dass sich nur und allein der Alleinerbe um ihre häusliche Pflege kümmerte, ihr Mehrfamilienhaus verwaltet und die Pflege des Grabes des vorverstorbenen Ehemanns übernommen hatte. Die beiden anderen Kinder sollten deshalb nur den Pflichtteil erhalten. Nach Berücksichtigung einer Anrechnungsbestimmung zahlte der Erbe den geltend gemachten Pflichtteilsanspruch der Geschwister teilweise aus. Eine weitere Zahlung verweigerte er wegen des ihm zustehenden Ausgleichsanspruchs nach § 2057 a BGB.
Entscheidung
Der Senat betont, dass die Frage des Ausschlusses der Ausgleichungspflicht nach § 2057a BGB durch letztwillige Verfügung nicht umstritten ist. Wie der Gesetzgeber im Rahmen der Überarbeitung des § 2057a BGB durch das Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts vom 24.9.2009 ausgeführt habe, gehen die §§ 2050 ff. und § 2057a BGB von der Vermutung aus, der Erblasser habe in den dort geregelten Fällen die Ausgleichung gewollt. Für eine solche Vermutung sei aber kein Raum, wenn sich der Erblasser durch eine Verfügung von Todes wegen eindeutig geäußert und das Erbe nicht der gesetzlichen Erbfolge entsprechend aufgeteilt habe. Soweit § 2316 Abs. 1 BGB für die Berechnung des Pflichtteils auf § 2057a BGB verweist, gelte nichts anderes. Laut § 2057 a BGB könne auch der zum Alleinerben eingesetzte Abkömmling Ausgleichung seiner besonderen Leistungen gegenüber Pflichtteilsansprüchen anderer Abkömmlinge geltend machen. § 2316 BGB sei darauf gerichtet sicherzustellen, dass unter Abkömmlingen der Berechnung des Pflichtteils der gesetzliche Erbteil in der Gestalt zugrunde gelegt wird, die er im Falle der gesetzlichen Erbfolge unter Berücksichtigung der „Einwerfungsposten“ nach den für die Ausgleichungspflicht geltenden Grundsätzen erhält. Damit knüpfe § 2316 Abs. 1 BGB an die nach § 2057a BGB ausgleichspflichtigen Leistungen an, sodass auch ein Ausschluss der Ausgleichung durch den Erblasser grundsätzlich dort wirke. Über § 2316 Abs. 1 BGB sei der Ausschluss der Ausgleichung durch den Erblasser mittels letztwilliger Verfügung auch im Pflichtteilsrecht wirksam. Ein solcher Ausschluss im Rahmen des § 2057 a BGB für erbrachte Pflegeleistungen könne durch Zuwendung eines erhöhten Erbteils, eines Vermächtnisses an den Pflegenden oder durch dessen Alleinerbeinsetzung erreicht werden. Dies sei nicht sittenwidrig, da § 138 BGB nur für schwerwiegende Ausnahmefälle eingreife.

Fazit
Die Entscheidung zeigt auf, dass das Pflichtteilsrecht übergegangener Kinder durch einen Ausgleichsanspruch aus § 2057a BGB gekürzt werden kann, sofern das als Erbe eingesetzte Kind für den Erblasser Pflegeleistungen erbracht hat. In diesem Fall hat das Gericht dem Testament durch Auslegung den Ausschluss der Ausgleichspflicht entnommen, weil es bereits in der Erbeinsetzung den Ausgleich für die Pflegeleistungen gesehen hat.


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