Begünstigung eines Betriebsratsmitglieds

|| Arbeitsrecht

BAG, Urteil vom 21.3.2018, Az.: 7 AZR 590/16

Einleitung

Betriebsräte sind bei ihrer Amtsführung aufgrund des bestehenden Interessengegensatzes gesetzlich nach dem Betriebsverfassungsgesetz besonders geschützt:

Die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ist grundsätzlich nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich und bedarf der Zustimmung des Gremiums (§ 103 BetrVG). Die Behinderung der Betriebsratsarbeit kann eine Straftat darstellen (§ 119 BetrVG). Zudem ist es dem Arbeitgeber sowohl verboten, Betriebsräte gem. § 78 S. 2 BetrVG wegen ihrer Tätigkeit zu benachteiligen als auch zu begünstigen.

In dem jetzt vom BAG entschiedenen äußerst ungewöhnlichen Fall ging es um die Frage, ob der Arbeitgeber seinen Betriebsratsvorsitzenden durch äußerst günstige Konditionen in einem Aufhebungsvertrag unzulässig begünstigt hat. Der Fall ist deshalb kurios, weil der Betriebsratsvorsitzende selbst diesen ihn begünstigenden Aufhebungsvertrag angefochten hatte.

Sachverhalt

Der Arbeitnehmer war seit 1983 im Betrieb beschäftigt und seit 2006 Vorsitzender des Betriebsrats. Anfang Juli 2013 hatte der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht unter Berufung auf – vom Betriebsratsvorsitzenden bestrittene – verhaltensbedingte Gründe ein Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses eingeleitet. Am 22.07.2013 schlossen die Parteien außergerichtlich einen Aufhebungsvertrag, in dem u. a. die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2015, die Freistellung unter Vergütungsfortzahlung und eine noch im Verlauf des Arbeitsverhältnisses auszuzahlende Abfindung von 120.000,00 EUR netto vereinbart wurde.

Nachdem der Betriebsrat am 23.07.2013 vereinbarungsgemäß von seinem Betriebsratsamt zurückgetreten und in der Folgezeit die Auszahlung der Abfindung an ihn erfolgt war, klagte er vor dem Arbeitsgericht auf den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses über den 31.12.2015 hinaus. Dazu berief er sich darauf, dass der Aufhebungsvertrag in der vorliegenden Ausgestaltung mit der "exorbitanten" Abfindung, die ein Vielfaches über der "Regelabfindung" läge, und dem langen Zeitraum der Freistellung ganz erheblich über dem läge, was einem "normalen" Arbeitnehmer seitens des Arbeitgebers jemals angeboten worden wäre. Zudem sei ihm noch "außerhalb" des Aufhebungsvertrags die Beschaffung und Übereignung eines Wohnmobils (Reisemobil der Marke Knaus, Typ Sky Wave) zugesagt worden, dem ein weiterer Wert von rund 50.000,00 Euro zukomme.

Entscheidung

Der Betriebsrat scheiterte, nachdem er in erster und zweiter Instanz bereits verloren hatte, auch in 3. Instanz. Der zuständige 7. Senat des BAG wies zunächst zwar darauf hin, dass nach § 78 S. 2 BetrVG Mitglieder des Betriebsrats wegen ihrer Betriebsratstätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden dürfen. Vereinbarungen, die hiergegen verstoßen, seien nach § 134 BGB nichtig. Durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrags werde das Betriebsratsmitglied allerdings regelmäßig nicht unzulässig begünstigt. Soweit die Verhandlungsposition des Betriebsratsmitglieds günstiger sei als die eines Arbeitnehmers ohne Betriebsratsamt, beruhe dies auf dem in § 15 Kündigungsschutzgesetz und § 103 BetrVG geregelten Sonderkündigungsschutz.

Fazit

Die Entscheidung ist ein Beispiel, dass auch kuriose und von Anfang an aussichtslose Fälle zum BAG gelangen können. Natürlich ist der Umstand, dass dem Betriebsratsvorsitzenden sein Ausscheiden aus dem Betrieb vergoldet wurde, nicht einer Begünstigungsabsicht des Arbeitgebers geschuldet, sondern seinem Interesse, ihn ungeachtet seiner starken Rechtsposition loszuwerden.


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