Keine Verzugskostenpauschale bei Gehaltsrückstand

|| Arbeitsrecht

BAG, Urteil vom 25.09 2018, Az.: 8 AZR 26 / 18

Einleitung

Seit geraumer Zeit herrscht eine rege Diskussion um die Frage, ob bzw. inwieweit die Verzugspauschale in § 288 Abs. 5 BGB im Arbeitsrecht Anwendung findet. Nach der europäischen Richtlinie 2011/7/EU zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr sei neben dem gesetzlichen Verzugszins auch eine Entschädigung für den Gläubiger erforderlich, um Schuldner von verspäteten Zahlungen abzuhalten. Der deutsche Gesetzgeber hat die Richtlinie durch sein Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr vom 22. Juli 2014 in das deutsche Recht umgesetzt. Seither lautet § 288 Absatz 5 BGB: „Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro …“. Allerdings wird die Pauschale gem. § 288 Abs. 5 S. 3 BGB gegebenenfalls auf einen Schadensersatzanspruch wegen Rechtsverfolgungskosten angerechnet. Im Arbeitsrecht schließt § 12a ArbGG Ansprüche auf Erstattung von Rechtsverfolgungskosten vorprozessual sowie in der 1. Instanz aus.

Nach den jüngsten Entscheidungen des LAG Köln vom 22.11.2016 und des ArbG Düsseldorf vom 13.1.2017 kann der Arbeitnehmer bei Verzug des Arbeitgebers grundsätzlich die Verzugspauschale fordern. Des BAG hat in einer im September 2018 verkündeten Entscheidung der Anwendung der Abzugspauschale im Arbeitsrecht jetzt eine Absage erteilt.

Sachverhalt

Nach einem Betriebsübergang fand auf den Betrieb ein Überleitungstarifvertrag Anwendung, der es dem neuen Arbeitgeber gestattete, nach Maßgabe der tariflichen Regelungen den Lohn abzusenken.

Ein seit 2002 im Betrieb beschäftigter Maschinenführer beschwerte sich nach Erhalt seiner Lohnabrechnung für den April 2014 neben einer Reihe anderer Arbeitnehmer beim Betriebsrat gegen die in diesem Monat erstmals wirksam gewordene Lohnkürzung. Nach einem Gespräch mit dem Betriebsrat zahlte der neue Arbeitgeber daraufhin bis einschließlich Mai 2016 monatlich eine sogenannte freiwillige Besitzstandszulage i.H.v. 128,23 € brutto. Da der Arbeitgeber die Zahlung danach einstellte, klagte der Maschinenführer und machte außerdem für jeden Monat des Verzuges eine Verzugskostenpauschale i.H.v. 40,00 € geltend.

Die Vorinstanzen (Arbeitsgericht Oberhausen und LAG Düsseldorf) gaben der Klage statt, da eine betriebliche Übung entstanden sei und gestanden dem Maschinenführer auch die Verzugskostenpauschale zu.

Entscheidung

Der Achte Senat des BAG entschied, der Maschinenführer habe keinen Anspruch auf die Verzugspauschale. Zwar finde § 288 Abs. 5 BGB grundsätzlich auch in Fällen Anwendung, in denen sich der Arbeitgeber mit der Zahlung von Arbeitsentgelt in Verzug befindet. § 12a Absatz 1 Satz 1 ArbGG schließe allerdings als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Erstattungsanspruch wegen der dem Arbeitnehmer in erster Instanz entstandenen Kosten aus, sondern auch einen entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch – somit auch den Anspruch auf Pauschalen nach § 288 Abs. 5 BGB.

Fazit

Die dogmatisch konsequent begründete Entscheidung wird die in letzter Zeit zu beobachtende Neigung von Arbeitnehmervertretern auch bei geringfügigen Lohnrückständen neben den vernachlässigbaren Verzugszinsen die Pauschale geltend zu machen und einzuklagen eindämmen und die Auseinandersetzung verspäteter Lohnzahlungen beruhigen. Arbeitnehmer müssen sich damit abfinden, dass eine Überschreitung der Zahlungsziele für den Lohn praktisch ohne Konsequenzen für den Arbeitgeber bleibt.


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