|| Erbrecht
Einleitung
Ein Pflichtteilsverzicht ist ein Vertrag zwischen einem Erblasser und einem seiner Erben, der den Verzicht auf Pflichtteilsansprüche seitens des Erbens regelt. Der Erbverzichtsvertrag bedarf nach § 2348 BGB der notariellen Beurkundung. Es ist aber zu unterscheiden, ob der Verzicht vor dem Erbfall gegenüber dem Erblasser oder nach dem Erbfall gegenüber den Erben erklärt wird.
Ein vor Eintritt des Erbfalles erklärter Pflichtteilsverzicht bedarf zu seiner Wirksamkeit der notariellen Beurkundung. Ist der Erbfall aber eingetreten, so kann der Pflichtteilsverzicht in einen Erlassvertrag umgedeutet werden. Ein solcher kann formfrei erklärt werden. Wer hierüber irrt, kann den Verzicht weder durch Anfechtung noch wegen Sittenwidrigkeit beseitigen.
Sachverhalt
Ein Mann erklärt nach dem Tod seiner Mutter gegenüber dem Erben formlos einen „Pflichtteilsverzicht“. Dabei geht er davon aus, dass dieser mangels Einhaltung einer Form nicht rechtsverbindlich sei. Mit der Erklärung will er den Erben dazu bringen, ihm kurzfristig 200.000,00 € aus einer angeblichen Forderung gegen die Erblasserin zu bezahlen. Als er erfährt, dass der Verzicht als Erlassvertrag formgültig und wirksam ist, ficht er diesen an und verlangt seinen Pflichtteil nach seiner Mutter.
Entscheidung
Eine Anfechtung des Erlassvertrages sei nicht möglich. Eine Anfechtung komme nur dann in Betracht, wenn das Rechtsgeschäft andere als die erstrebten Rechtsfolgen erzeuge. Hier aber gab der Mann seine Erklärung in der Erwartung ab, diese erzeuge überhaupt keine Rechtsfolgen. Auch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung durch den Erben scheide aus. Vielmehr müsse der Mann sich selbst arglistiges Handeln vorwerfen lassen. Auch liege in der Nichtzahlung der 200.000,00 € keine zur Anfechtung berechtigende widerrechtliche Drohung, weil die Nichtzahlung daher resultierte, dass der Erbe die Forderung des Mannes in zulässiger Weise bestritten habe.
Auch eine Sittenwidrigkeit des Pflichtteilsverzicht läge nicht vor. Zum einen handele es sich bei der schließlich erfolgten Zahlung der 200.000,00 € eher um eine freiwillige Leistung des Erben. Zum anderen liege auch kein für die Annahme einer Sittenwidrigkeit erforderliches „krasses Missverhältnis“ zwischen dem potentiellen Pflichtteil und den erhaltenen 200.000,00 €. Einerseits lege der Kläger bereits nicht belastbar dar, wie hoch der potentielle Pflichtteil überhaupt ausgefallen wäre. Andererseits hätte es ihm aber auch freigestanden, den Pflichtteilsverzicht nicht zu unterzeichnen, sondern die Zahlung der 200.000,00 € und den Pflichtteil nach seiner Mutter geltend zu machen. Dass sich der Mann angeblich in einer finanziellen Notsituation befunden habe, könne nicht zu Lasten des Erben gehen.
Fazit
Bei einer vorschnellen möglicherweise aus Enttäuschung oder Verärgerung heraus gemachten unbedachten Äußerung eines von der Erbfolge ausgeschlossenen Pflichtteilsberechtigten gegenüber den Erben ist äußerste Vorsicht geboten. Ein Erlassvertrag bedarf nicht einmal der Schriftform und ist daher grundsätzlich auch mündlich möglich.
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